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Das Recht auf Bildung als Menschenrecht bedingt geistiger Freiheit.

Erstellt von Dr. Erich Sitz |

Wissen und Wissensvermittlung findet in der Sokrates Pädagogik nicht durch Pädagogen und Pädagoginnen statt, sondern Wissen und die Wege der Wissensvermittlung werden als ein natürlicher Prozess in der Begegnung und Auseinandersetzung mit der Umwelt betrachtet.

 

Das Wissen der Welt wird in der Sokrates Pädagogik als das verstanden, was Wissen sein kann: Dienliche Information. Damit erfährt das Wissen eine natürliche Wertschätzung, ohne selbst einen Machtanspruch stellen zu können. In der Sokrates Pädagogik hat jedes Individuum das Recht, Wissen zu hinterfragen, zu widerlegen oder zu bestätigen.

 

Die Formen der Wissensvermittlung legt der Sokrates Student/die Sokrates Studentin im Rahmen der Möglichkeiten selbst fest. So kann der/die Student/in auf alle Formen der Wissensvermittlung zurückgreifen und geeignete Formen subjektiv festlegen oder vorhandene Formen der Wissensvermittlung als Herausforderung und Entwicklungsform fassen, begreifen und anstreben.

Die geforderte Freiheit in der Bildung wird durch diesen Zugang gewährleistet und dadurch wird ein naturgegebenes Spannungsfeld handlungs- und lösungsorientiert vor Machtübergriffen geschützt.

PI1: Bildung setzt Freiheit voraus.

Was muss eine Pädagogik imstande sein zu garantieren, um Bildung in Freiheit zu gewährleisten?

Welchen Nutzen hätten wir von dieser Bildung in Freiheit?

Es liegt an der Bildungseinrichtung selbst, Bildung zu ermöglichen und nicht am sich Bildenden. Das ist eine wesentliche Aussage der Sokrates Pädagogik. Nicht das Wissen der Welt, sondern die Welt des/der Suchenden, des/der Forschenden schafft Bildung.

Die Pädagogik, im Verständnis nach Hentig, muss zwei Dinge imstande sein zu garantieren, einerseits eine gesicherte Handlungsweise der Pädagogen und Pädagoginnen zu gewährleisten, das heißt, den realen Kontext und ein definiertes, gelebtes Wertebild mit einer pädagogischen Handlung zu schaffen, zu entwickeln und gegebenenfalls dieses Wertebild zu verteidigen. Die Pädagogik muss so beschaffen sein, dass ein Dagegenhandeln oder eine Abwendung von den Inhalten der Pädagogik zeitgleich auch die Handlungsfähigkeit entzieht.

Dieser Anspruch an Pädagogik kann nur erreicht werden, wenn schon in der Ausbildung zu dieser Pädagogik der einzige Weg eine Verinnerlichung darstellt. Das heißt, dass eine Pädagogik gewährleisten muss, dass nur durch Bildung der Pädagoge/die Pädagogin in die Fähigkeiten der Pädagogik gelangt und umgekehrt eine Nichtbildung ein natürliches Scheitern erzeugt, welches zumindest die fehlende Kompetenz sichtbar und erlebbar macht.

Wenn eine Pädagogik es schafft, nur dann hilfreich zu wirken, wenn der Pädagoge/ die Pädagogin selbst diese Pädagogik in Bildung gebracht hat, dann kann vom Umkehrschluss ausgegangen werden, dass sich diese Pädagogik selbst generiert, prüft und reinigt.

Das Wertebild der Freiheit ist ein elementarer Teil in der Sokrates Pädagogik und kommt nicht als Forderung – wie bei anderen pädagogischen Richtungen – vor, sondern erkennt in ihr die eigentliche Aufgabe.

Der Nutzen dieser Pädagogik ist demnach mit dem Nutzen der Bildung in Freiheit gleichzusetzen. Wenn Bildung in Freiheit geschaffen wird, haben wir die Chance, unsere Ressourcen, Talente und Möglichkeiten um ein Vielfaches für und nicht gegen die Gemeinschaft zu heben. Das wiederum führt zu einer reicheren und friedlicheren Gesellschaft. Die Bildung in Freiheit schafft Frieden, nicht weil Frieden sinnvoll wäre, sondern Bestandteil meiner Bildung ist.

 

PI2: Sokrates definiert Bildung als einen Prozess.

Was sind die Grundgedanken der Sokrates Pädagogik?

Welche Sicht auf Wissen, Bildung und Wahrheit hat die Sokrates Pädagogik?

Was kann den Prozess der Bildung stoppen?

 

Sokrates war seiner Zeit weit voraus und konnte schon zu seiner Zeit Bildung als einen immerwährenden Prozess beschreiben. Daraus werden auch die Grundgedanken der Sokrates Pädagogik definiert, als ein sich ständig bewegender Prozess von Erkenntnissen. Die Sokrates Pädagogik verzichtet dabei konsequent auf ein Urteil oder eine Bewertung vom subjektiven Wissen, mit der Klarheit darüber, dass es objektives Wissen nicht gibt. Der Prozess der Bildung kann durch Ausübung von Macht, der generellen Festlegung von Regeln und Normen, gestoppt werden.

Sokrates würde Bildung als einen Prozess definieren. Jedoch ist er mit dieser Definition nicht allein und ich wage zu behaupten, die Bildung definiert sich selbst in ihrem Sein als Prozess. Als Grundlage der Sokrates Pädagogik stehen drei Säulen, auf welche die Sokrates Pädagogik aufgebaut ist. Der Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse, welche als primäre und sekundäre Bedürfnisse sichtbar werden. Die Sokrates Pädagogik erkennt an, dass ein primäres Bedürfnis allen anderen Bedürfnissen voransteht und seiner Befriedigung bedarf. Dieses Prinzip gibt der Sokrates Pädagogik die Richtung vor. Als zweites anerkennt die Sokrates Pädagogik, dass Wissen noch keine Bildung darstellt und Bildung ein ewiger Prozess ist, der an kein Ziel anlangen wird. Damit verabschiedet sich die Sokrates Pädagogik davon, etwas zu wissen, sondern begibt sich auf den einzigen Weg für den Sokrates Pädagogen/die Sokrates Pädagogin, den Prozess als Bildung und einzigartig zu verstehen. Die Begleitung und Hilfestellung ist nicht Macht und Aufgabe, sondern ureigener Bildungsauftrag. Wenn ich den Sinn der Bildung anerkenne und anerkenne, dass Bildung nur in mir stattfinden kann, sehe ich meine Arbeit als Sokrates Pädagoge/Sokrates Pädagogin als meinen Bildungsweg. In Dankbarkeit und Demut darf ich mich freuen, wenn ein Student/eine Studentin mich einlädt, gemeinsam ihren Bildungsweg zu gehen, da ich als Ausgleich eigene Bildung erfahre. Als letzte Säule anerkennt die Sokrates Pädagogik die Natur des Menschen im Eros nach dem Streben nach Liebe. So sieht die Sokrates Pädagogik im Eros der Menschen den positiven Drang nach dem Schönen, Guten und Wahren, was heißt, dass nicht die Pädagogik oder der Pädagoge/die Pädagogin das Schöne, Gute und Wahre definiert, sondern einzig und allein das Wissen über das Schöne, Gute und Wahre dem Eros überträgt. Dem Streben nach Liebe unterstellt die Sokrates Pädagogik, dass jeder Weg letztlich dort hinführen muss, da wir sonst die Unterstützung durch den Eros verlieren. Dort, wo die Leidenschaft verloren geht, kann das Schöne, Gute und Wahre nicht gefunden werden und so wird sich die Sokrates Pädagogik mit der Leidenschaft mehr beschäftigen als mit der Definition des Schönen, Guten und Wahren.

Das Einzigartige der Sokrates Pädagogik ist, dass, wenn wir sie begonnen und erlebt haben, dieser Bildungsprozess nicht mehr zu stoppen ist. Eine Bildungsverweigerung oder ein Weiterbildungsausstieg ist nicht möglich. Das bedeutet, dass in der Sokrates Pädagogik ein lebenslanges Lernen als Ziel nicht entwickelt, sondern gelegt wird. Wobei sich die Sokrates Pädagogik hier nur als Werkzeug sieht, da ein lebenslanges Lernen in der Natur des Menschen liegt, wenn er ein selbstständiges und eigenständiges Leben in körperlicher, geistiger und seelischer Freiheit entwickeln konnte. Diese Aufgabe, welche aus Sicht der Sokrates Pädagogik zwar jedem angelegt ist, aber durch die Umwelt nicht für jeden entwickelbar ist, steht als Verantwortung und Auftrag im Blickpunkt. Es bedeutet viel Arbeit, Bildung zu ermöglichen, viel mehr, als Bildung zu verhindern.

 

PI3: Sokrates Pädagogik ist lebensnahe Pädagogik.

Warum ist es für Sokrates wichtig, Bildung an der Realität zu entwickeln?

 

Sokrates war sich der Unendlichkeit des Wissens bewusst und legte damit auch den Grundstein für lebenslanges Lernen. Nicht nur in der Notwendigkeit der sich ändernden Umstände, sondern in der Umsetzung seines eigenen Bildungsprozesses, der jederzeit alte Erkenntnisse verwerfen konnte.

Sokrates erkannte zwar die Bedeutung, sich ein Abbild zu machen, erkannte jedoch, dass ein Abbild niemals die gesamte Wahrheit, vielmehr die gesamte Unwahrheit darstellen kann. Damit lag es für Sokrates auf der Hand, Abbildungen als Werkzeug zu verstehen, welche zwingend in die Realität zurück übertragen werden müssen. Nur so schaffen wir letztlich Bildung. Bildung, welche mein eigenes Bild in Handlung, Wissen und Denken bringt. Nur so kann ich für mich Wahrheiten generieren und Bildung schaffen. Alle abstrahierten Bildungskonstrukte und Wahrheitsannahmen der Wissenschaft dienen der Bildung, aber schaffen niemals in sich selbst Bildung. Wenn wir den Bezug zur Realität verlieren, können wir ableiten, dass wir uns nicht mehr mit Bildung beschäftigen.

 

PI4: Sokrates Pädagogik ist absolutes Wissen.

Welche Ziele verfolgt die Sokrates Pädagogik?

Welche Erkenntnisse liefert die Sokrates Pädagogik?

 

Aus Sicht von Sokrates gibt es das absolute Wissen in Form einer undefinierten Gesamtheit. Eine Erkenntnis der Sokrates Pädagogik liefert mir gerade jetzt die Einsicht, dass, wenn ich über die Sokrates Pädagogik schreibe, sie wäre anstrebenswert oder eigentlich das einzig Wahre, ich den gleichen Fehler begehe wir viele andere Theoretiker/innen vor mir. Was ich hier sagen kann, ist, dass – was auch immer ich in meiner Arbeit über die Sokrates Pädagogik schreibe – es nicht mehr ist als eine Gedankenanregung für Sie als Leser/in. Wenn ich ihnen sage, die Sokrates Pädagogik kann das oder jenes, ist es nicht wahrer oder unwahrer für Sie als zuvor, solange Sie nicht selbst die Sokrates Pädagogik erforschen, erleben und leben. Nur dann können Sie sich ein Urteil bilden, welches meinem Urteil ähnlich oder konträr ist. Wenn wir beide die Ebene des Wissens verlassen und in die Realität gehen, um gemeinsam unsere Handlungen, Wahrnehmungen und Erlebnisse zu reflektieren, werden wir uns entweder jahrelang um des Kaisers Bart streiten können, oder an irgendeiner Stelle müde werden, über etwas zu sprechen, wovon wir beide nicht die gleiche Information haben.

Eine weitere Erkenntnis aus der Sokrates Pädagogik entnehme ich jetzt meines soeben geschriebenen Satzes. Die Sokrates Pädagogik anerkennt jeden Standpunkt als die subjektive Wahrheit und so hat sie gar nicht den Anspruch, besser als andere zu sein. In einer bedingungslosen Haltung stellt sie sich zur Verfügung, um dem Eros, dem Streben nach Wahrheit und Liebe zu dienen.

 

PI5: Sokrates Pädagogik fördert die Gesundheit

Wie kann die Sokrates Pädagogik der Gesundheit dienen?

 

Die Sokrates Pädagogik strebt nach der Einheit von Körper, Geist und Seele und ist somit ein präventives Konzept zur Erhaltung oder Erreichung von Gesundheit.

 

PI6: Sokrates Pädagogik bedeutet Liebe zum Wissen

Warum findet in der Sokrates Pädagogik ein natürlicher Drang zum Lernen und Streben nach Wissen statt?

 

Da wir in der Sokrates Pädagogik vom Nutzen der Bildung für das Individuum ausgehen und diesen Nutzen auch erleben, wird der von Sokrates beschriebene Eros uns natürlich nach ständigem Wissen weitertreiben. Wissen ist nicht mehr etwas von außen Gegebenes, sondern von innen Erzeugtes.

Meine Kollegin Frau Barbara Michaela Demeter führt in ihrer Dissertation, im Band II, die Sokrates Pädagogik als Forschungsprojekt und Entwicklungsprojekt weiter.

 

Der Autor:

Dr. Erich Sitz (2015): „Des Kaisers neue Kleider! Wissen ist Macht – Das Nichtwissen ist Freiheit“, DANUVIUS International School of Management

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